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Preisträger des Main-Reim Lyrik-Wettbewerbs 2018:

Das Thema des Main-Reim-Lyrikwettbewerbs war "Alles im Fluss am Main".

Wir waren wieder begeistert von der Vielzahl und Qualität der Beiträge.
Insgesamt haben uns 174 Gedichte aus 6 Ländern erreicht. Vielen Dank für die Mühe und kreative Inspiration an alle Teilnehmer.

Aber natürlich gilt (leider) auch hier: Es kann nicht jeder gewinnen. Auf der 3. Aschaffenburger Buchmesse im Schloss wurden die Gewinner bekannt gegeben und durch Oberbürgermeister Klaus Herzog geehrt.

Im folgenden die TOP 10 der diesjährigen Wettbewerbs mit ihren Werken. Wir sagen herzlichen Glückwunsch:



1. Platz: Helene Beuchert
Titel: Zusammen fließen
 

Wir entgluckern weiß und rot
fallen betört ineinander
gurgeln rosa Seifenblasen
erwühlen ein Himmelsbett

Wir reißen befreiend mit
durchfressen buntsandige Felsen
ziehen Spitzkehren und Bogen
erobern rauschend die Lande

Wir fließen von überall zu
genießen die schäumende Kraft
befruchten darbende Auen
ergießen in fremde Betten

Wir laden beständig aus
ertragen beharrlich Lasten
plätschern träge die Tage
erlösen in Meeresarmen

 
2. Platz: Steffi Kammermeier
Titel: Sie sagt
 

- 1 -
Sie sagt, es tät gut, spazieren zu gehen.
Den Wind, das Gras, die Bäume zu sehen.
Das Wasser am Main, die Promenade anbei.
Die Brücke von „Kitzi“, der Möwen Schrei.
Alte Häuser, schmal, sagt sie, hoch entrückt,
so ziehts mich ins Mittelalter zurück.

So schön sei die Promenade gemacht!
Und sie seh‘ Menschen! Sagt sie, und lacht.
Ich seh‘ wie sie sitzen, sie spielen und laufen,
Momente am Main, die kann man nicht kaufen.
Das sei so erfrischend und, ach, so lebendig,
und halte das Hirn so wach und so wendig.
Sie wirkt gepflegt, diese alte Frau,
voll Schwung und voll Kraft, gar nicht grau.

Ihr Leitspruch sei immer und für jeden Tag -
erzählt sie mir freundlich, als ich sie frag.
Fang nie an aufzuhören, sagt sie ganz feste,
hör nie auf anzufangen, das sei idas Beste.
Jeden Tag, sagt sie, käm sie her an den Main
freut sich an Blumen, an Schiffen, am Sein.
Dem Fluss, sagt sie, sei sie verbunden,
doch was sie erinnert, ist längst entschwunden.

Der Fluss ihrer Jugend, in der sie erblüht,
gluckst träg nebenan, er wirkt leer und trüb.
Ein Schiff mit Containern zieht dröhnend vorbei,
Ein Dampfer Touristen, Kindergeschrei.
Schau, ist er nicht schön, dieser Main?
Sagt sie, und starrt in die Tiefe hinein.
Ihr Frohsinn klingt rauh, Trauer schwingt sacht.
Wäs ihre Stimmung wohl kippen gemacht?
Jetzt klingts nach Parole, gelernt wie ein Spruch.
Hält sie Weisheiten fest wie ein Buch,
Als sei sie noch immer die alte geblieben,
Allein, ich spür's, das Glück klingt getrieben.
Ach, seufzt sie dann, klamm öffnet ihr Herz.
Dass sie dort hingeht, sei nur aus Schmerz.
Im Grund, sagt sie, hält sie‘s nicht aus.
Allein, in ihrem Kitzinger Haus.

- 2 -
Dort starrt sie auf‘s Bild vom verstorbenen Mann,
Grüßt ihn, fragt ihn ratlos, schreit sie ihn an.
Zetert, weil er einfach so ging, sie verließ
Sie allein ließ, wie im tiefen Verlies.
Warum, nur, warum nur, sagt sie und weint,
wir waren doch sechzig Jahre vereint!
Fast wütend klingt, was sie sagt,
und ich kann verstehen, dass sie so klagt.

Nun gut, sagt sie plötzlich, reißt sich zusammen,
Was soll ich ewig immer nur jammern?
Der Tumor im Kopf ist langsam, fast steht er still.
Schwindel und Schmerz? - Ich weiß, was ich will, s
agt sie dann, nimmt ihren Mantel, lässt diesen Ort,
bricht aus vom Gefängnis, nur schnell weit fort.
Zurück an den Platz, sagt sie, es sie stets triebe,
zum Main, einst ihr Tor zu Freiheit und Liebe.

Sie geht mir davon, flussauf und flussab.
Ihr Blick sucht, als sei dort ihr Grab.
Dann bleibt sie stehen und dreht sich zu mir.
Ich sehe ihr Alter, den Tod nah bei ihr.
Ich glaub nicht, dass wir einst wieder geboren.
Mit dem Tod ist Schönheit auf immer verloren,
sagt sie und dreht sich zum Fluss,
sie weiß längst, dass sie gehen muss.

Ich seh ihr Haar, den Mund, seh erloschenes Licht.
Ihre Erinnerungen, ihr Glück, ihren Kummer, die seh ich nicht.
Sie sagt noch, vorm Sterben sei ihr nicht bang.
Angst hat sie nur, dass es aufzehrt zu lang.
Indes, sagt sie, was red ich denn da?
Ich bin doch längst tot, bin gar nicht mehr da.
Der Tod hat entrissen mir alles was lieb.
Von allen, sagt sie bitter, ist er - Er - der schlimmste Dieb.

Dann weint sie stumm, sagt nichts.
In den Wellen des Mains spiegelt das Licht.
Ihre Tränen benetzen tonlos den Main Freundlich und kosend nimmt er sie in den Schrein.
Tröstet und murmelt, nimmt all ihren Schmerz.
Und ich ahne, er nimmt auch mit ihr Herz.
Ich gehe, lass sie alleine.
Freiheit ist das, wie ich meine.
Ich ahne: wie ihre Tränen am Main,
wird auch sie bald darin verschwunden sein.

 
3. Platz: Christine Hidringer
  Main Gesicht
Titel:

Still
liegt bisweilen
mein Gesicht
auf dir
zittert nur leis
zwischen anderen
Eitelkeiten
unberührt von
deinem Drängen
nach Bewegung
Veränderung hin zur Vereinigung.
Zerrissen
schlingert
zu anderen Zeiten
mein Antlitz
im Gewoge
von Unrast und Übermaß
eines meiner Augen taumelt
inmitten von Geflimmer
während das andere
gerade ertrinkt
und der Schrei
aus weit aufgezogenem Mund
sinkt zu Grunde.
Das eine oder andere Mal
erkenne
ich mich

 
Platz 4: Kerstin Lingemann
Titel: Überfahrt
  Es war einmal ein Stück Papier
das hatt' ein mächtig großes Ziel: den Main
besuchen dort verweilen
wollt' es seine Sehnsucht heilen.

"Wie geht der Weg?
Wie komm ich hin?
Wenn ich mich leg bleib ich bloß liegen
wenn ich mich reg nimmt mich der Wind."

So waren sein Gedanken festgefahrn
in Geistes Schranken doch bei
Sonnenuntergang am See kam ihm die
rettende Idee.

Es dehnt' sich aus verändert' sein Gestalt
zwei Knicke hier zwei Falze dort
als Schiffchen fuhr es fort.

Es zwang sich durch die kleinste Öffnung
und fand sogleich den Weg.
Schon fast am Ziel hat es gedacht doch alle
Welt hat bloß gelacht verschwunden alle
Hoffnung die Nidda war im Weg.

Nach reichlich Tagen Trübsinn blasen
schipperte ein Holz vorbei und bot ihm an,
darauf zu rasten bis es wieder trocken sei.

Von der Sonne ausgebleicht doch voller
Energie hat es sich wieder eingeweicht und
sagt' dem Holz Ade.

Musste es doch weiterziehen mit der Nidda
in den Süden es wusste nicht, wo geht es
hin sein Bäuchlein sollt' es nicht belügen.

Der Main war so weit weg am andern Ende
von der Welt doch sein Ziel war ihm sein
Speck selbst als die Nidda schnellt.

Später dann im seicht Gewässer fuhr es
schneller, fuhr es besser dann konnte es
schon sehn den Main sagt' Nidda brav Auf
Wiedersehn!

Endlich war es angekommen am Strom,
dem Flusse aller Flüsse da hat es sich die
Zeit genommen welch starke Emotion am
Schlusse die Genüsse zu wahren in
Erinnerung.

Es wollte bleiben in dem Main dem Traum
dem großen Ziel doch andre Pläne
hatt' der Main
floss einfach in den Rhein.

Da hat's Papier sofort erkannt: Das Leben ist ein
Fluss wenn Du mit ihm fließen kannst gibt es dir
einen Kuss.
 
Platz 5: Bastian Kienitz
Titel: Unten am Main
  Und unten am Main ging sie leicht und die Tage gleich unter die Hautspitzen,
Ufergestade umspülten die Füße, ihr Haar es war nass und floss mit den Wellen
den Flusslauf hinab

aus dem sie gerade entstieg und dann legte sich Luft auf das Kleid, das sie
seltsam bewegte, ein Seufzer, vielleicht, übervoll der Natur und unten am Wasser
gemalte Lichtspur

vom Blau, das so etwas wie Himmel nachzeichnet und kaum auf der Haut ihre
Schenkel lang gleitet, fast so wie das Ziehen des Stromes im Wind,
Gedanken weit fort mit der Strömung mitnimmt.
 
Platz 6: Jürgen Lorenzen
Titel: Der Schuss am Fluss / eine romatische Mordballade
 

1
Die Wellen wogten auf und nieder,
Es war im milden Mai am Main,
Am Ufer blühte weiß der Flieder,
Ein Angler saß im Mondenschein.

2
Es zirpte zart die Maulwurfsgrille,
Vier Lippen knutschten einen Kuss,
Da knallte durch die Abendstille
Sehr schrill ein mörderischer Schuss!

3
Zwei Herzen fingen an zu bluten,
Das Liebespaar fiel rücklings um
Und stürzte in die sanften Fluten;
Der Angler sah's, doch blieb er stumm.

4
Der Gatte war's der Treuelosen,
Der sie auf frischer Tat erwischt'
Mit einem scharfen Südfranzosen,
Als er im Fluss nach Barschen fischt'.

5
Schon länger lag er auf der Lauer,
Weil ihn die Eifersucht zerfraß,
Indessen sie auf lange Dauer
Vergaß, wo er beim Fischen saß.

6
So rächte sich des Weibes Kälte,
Zu trist war ihr der Angelsport,
Weshalb er ein Gewehr bestellte
Für einen wasserdichten Mord.

7
Das Liebespaar trieb eng verbunden
Den Main hinab und in den Rhein,
Die Leichen wurden nie gefunden -
Ein Angler sitzt im Mondenschein!

 
Platz 7:
Sonderpreis
Claudia Kohlus (die graphische Version des Werkes finden Sie hier.)
Titel: Main Mää
  Ein schwerer Weg
Längst vorgezeichnet schon der deine
Weil einst dein Liebster hier verschied

Trockne die Tränen, nimm die Beine
Weil eh nichts weilt -
Und weiterzieht

Er sprudelt, spricht
In allen Dialekten
Er trägt ein Mää dir an dein Ohr

Er gluckert sanft
Lockt dich ins Wasser
Siehst du den Ritter? Siehst du den Tor?

Nein, nur den Rittersporn
Kannst du erkennen
Im Dickicht wacht er übers Blau

Magst diesen Flecken
Trostplatz nennen
Und wirst an seinem Ufer grau
 
Platz 8: Ulrike Paschek
Titel: Augenblick am Fluss
  Zwei Ufer,
durch den Fluss verbunden.
In der Trübe des Schilfes
treibt das Gesicht einer Frau
Von der Strömung belebt
vor dem Dunkel der Tiefe
irgendwo zwischen Quelle und Meer.
Ich will es mittragen lassen vom Main,
doch es blickt mir in die Augen:
An welches Ufer willst du?
fragt es
   
Platz 9: Andreas Hutt
Titel: Gehen im Frost
  Der Tag beginnt mit Winter: Atem, verzögert
& verflachte Affekte am Main,

während wir Standpunkte
in Graden von Kälte ermitteln,

Dinge ihre Anstöße erhalten: Kaffee, Croissants,
Musik in unterschwelliger Lautstärke.

Stunden wie ein Arm, der sich langsam ausstreckt
in Richtung Ufer, das Bewusstsein

von Stadt mit jeder Bewegung,
& wir, im Wintergefühl, zirkulieren in Frankfurt,

transzendieren in die Skyline,
indes neben uns die Gegenpole

Gegenpol bleiben: Porsche, Audi Coupé,
betrachten wir die Ruhe im Fluss.
 
Platz 10: Andrea Lydia Stenzel
Titel: frei Verse - gerbermühle 1815
  dort wo der fluss den rücken krümmt
hat mir mein dichter einst ein blatt
vom ginkobaum zum abschied
mit stummer geste überreicht
ein grünes blatt für karge tage
eh er sich aus dem staub gemacht

in seiner tasche trug er meine
gedichte die er später dann
so schamlos seinen eignen werken
hat einverleibt als wär die liebe
schon lohn genug für mich als frau
mein schreiben nur ein dienst am mann

am abend wusch der main das salz
von meinen wangen leckte mir
die augen sauber könnte ich
ich würde mich ihm anvermählen
von seinen wasserarmen mich
umarmen lassen küsse tauschen

sein wasserzauber gäb mir freiheit
viel mehr als mir mein dichter gab
ich würde welle schäumte auf
und trät wo nötig übers ufer
und würd von fluss zu fluss mich werfend
bald in das meer gemündet sein

als meerfrau schreib ich freie verse
die korrekturen liest mein fluss

 


Generelle Anfragen bitte an: redaktion@main-reim.de
   
   

 


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